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SNF: Wie sich Bakterien bei Antibiotikaangriffen schlafend stellen


Schweizerischer Nationalfonds SNF

11.02.2021, Bern - Auch ohne Resistenz können Bakterien eine Antibiotikabehandlung überstehen: Sie verlangsamen ihren Stoffwechsel und überleben so den Angriff "im Schlaf". Ein vom Schweizerischen Nationalfonds gefördertes Forschungsteam fand heraus, was sich in den Bakterien verändert, wenn sie sich in den Zustand der Persistenz versetzen.

Resistente Bakterien entziehen sich der Wirkung von Antibiotika, indem sie unempfindlich werden, zum Beispiel, indem sie Antibiotika abbauen. Es gibt aber noch eine andere Überlebensstrategie für Bakterien: Sie versetzen sich in einen schlafähnlichen Zustand, um eine Behandlung mit Antibiotika auszuhalten - sie werden persistent. Nach Abschluss der Therapie erwachen sie zu neuem Leben und verursachen wiederkehrende, schwierig zu behandelnde Infektionen. Forschende haben nun mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) neue Erkenntnisse zu dieser Bakterienpopulation gewonnen und könnten damit den Weg zu wirksamen Behandlungen ebnen. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift PNAS erschienen.

Das Forschungsteam arbeitete in dieser Studie mit dem Bakterium Staphylococcus aureus, das bei vielen Menschen auf der Haut vorkommt und häufig invasive und schwierig zu behandelnde Infektionen hervorruft. Von einem infizierten Patienten haben die Forschenden Bakterien entnommen und in Petrischalen kultiviert. Es zeigte sich, dass gewisse Bakterienkolonien kleiner waren als die anderen. "Daran erkennen wir, dass persistente Bakterien in der Probe sind", erklärt Annelies Zinkernagel, Professorin für Infektiologie an der Universität und dem Universitätsspital Zürich und eine der Autorinnen des Artikels. "Persistente Bakterien müssen im Gegensatz zu den übrigen Bakterien zuerst , was zu einer Wachstumsverzögerung im Nährmedium führt." Der Nachweis und die Analyse persistenter Bakterien in einer Patientenprobe sind insofern besonders interessant, da die meisten bisherigen Studien zu persistenten Bakterien im Labor mit über längere Zeit kultivierten Bakterien stattfanden und nicht mit solchen, die direkt aus dem Patienten stammen.

Protein-Atlas der persistenten Bakterien

Um herauszufinden, unter welchen Bedingungen die Bakterien persistent werden, führten die Forschenden verschiedene Stresstests durch. Stressfaktoren sind zum Beispiel die Anwesenheit menschlicher Immunzellen, Antibiotika oder eine saure Umgebung, wie sie in Abszessen herrscht. Resultat: Je extremer die Bedingungen gestaltet wurden, desto höher wurde der Anteil dieser persistenten Bakterien.

Mit den Bakterien direkt aus dem Patienten analysierten die Forschenden zudem, wie die Persistenzmechanismen funktionieren. Dafür untersuchten sie alle bakteriellen Proteine, das sogenannte Proteom. Es zeigte sich, dass eine umfassende molekulare Neuprogrammierung stattgefunden hatte, die eine Verlangsamung des Stoffwechsels bewirkte. Das Resultat war jedoch nicht ein vollkommener Stillstand, sondern eine Art Dämmerzustand. So steigern die Bakterien ihre Überlebenschancen in einer feindlichen Umgebung. Eine weitere Beobachtung: Sobald die Umgebung wieder freundlicher wird, machen die persistenten Bakterien diese Änderungen rückgängig und gewinnen damit ihre Infektionskraft zurück.

"Die Vorstellung, dass Bakterien ihren Metabolismus nicht anhalten, sondern lediglich verlangsamen und verändern, ist nicht ganz neu, aber noch umstritten", erklärt Annelies Zinkernagel. "Unsere Studie bestätigt dies mit hoher Präzision." Dies, weil sie hauptsächlich mit persistenten Bakterien gearbeitet habe. "Frühere Experimente beruhten auf gemischten Populationen, und das Ergebnis war deshalb möglicherweise durch die übrigen Bakterien, die für gewöhnlich in der Überzahl sind, verzerrt."

Neue Behandlungen am Horizont

Das bessere Verständnis dieser Mechanismen könnte zur Entwicklung neuer Behandlungen gegen persistente Bakterien beitragen. Die Forschenden zeigten zudem, dass Vitamin-A-Derivate, welche die Zellmembran ins Visier nehmen, ein vielversprechendes Potenzial für die Bekämpfung von Bakterien mit verlangsamtem Metabolismus aufweisen. Ein weiterer Ansatz: "Wenn es uns gelingt, das Wachstum dieser Bakterien zu reaktivieren, könnten sie sich den Antibiotika vermutlich nicht mehr entziehen", hofft die Forscherin.

Die Bekämpfung persistenter Bakterien ist zudem auch wichtig im Kampf gegen Resistenzen, da wiederkehrende Infektionen über einen längeren Zeitraum mit Antibiotika behandelt werden müssen. Durch diese ständige Exposition steigt das Risiko, dass sich Resistenzen entwickeln.

Forschungsförderung in allen Disziplinen

Diese Forschungsarbeit wurde vom SNF mit dem Instrument der "Projektförderung" unterstützt. Nach einem Auswahlverfahren können Forschende mit diesen Beiträgen Vorhaben zu selbst gewählten Themen und Forschungszielen eigenverantwortlich durchführen.

Der Text dieser Medienmitteilung, ein Download-Bild und weitere Informationen stehen auf der Webseite des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung.

Pressekontakt:

Prof. Dr. Annelies Zinkernagel

Universitätsspital Zürich

Rämistrasse 100

8091 Zürich

Tel.: +41 44 255 25 41

E-Mail: annelies.zinkernagel@usz.ch


Über Schweizerischer Nationalfonds SNF:
Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) fördert im Auftrag des Bundes die Forschung in allen wissenschaftlichen Disziplinen, von Geschichte über Medizin bis zu den Ingenieurwissenschaften

Um die nötige Unabhängigkeit sicherzustellen, wurde der SNF 1952 als privatrechtliche Stiftung gegründet. Im Zentrum seiner Tätigkeit steht die Evaluation von Forschungsgesuchen. Mit der kompetitiven Vergabe öffentlicher Gelder trägt der SNF zur hohen Qualität der Schweizer Forschung bei.

In enger Zusammenarbeit mit Hochschulen und weiteren Partnern setzt sich der SNF dafür ein, dass sich die Forschung unter besten Bedingungen entwickeln und international vernetzen kann. Besondere Aufmerksamkeit schenkt der SNF dabei der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Zudem übernimmt er im Rahmen von Evaluationsmandaten die wissenschaftliche Qualitätskontrolle von grossen Schweizer Forschungsinitiativen, die er nicht selbst finanziert.
Quellen:
News aktuell   HELP.ch


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