EMPA: Selbstverdichtend und erst noch feuerfest
News von EMPA
08.01.2016, Selbstverdichtender Hochleistungsbeton (SHB) hatte bisher eine Schwachstelle:
Er platzt im Falle eines Feuers häufig ab, wodurch seine Tragfähigkeit leidet.
Wissenschaftler der Empa entwickelten nun ein Verfahren zur Herstellung von
feuerbeständigem SHB, der selbst bei Bränden lange stabil bleibt.
Die Widerstandsfähigkeit gegen die Hitze eines Feuers lässt sich bei herkömmlichem Rüttelbeton durch die Beimischung von einigen Kilogramm Polypropylen-Fasern (PP-Fasern) pro Kubikmeter Beton optimieren. Wenn es brennt, schmelzen diese Fasern. Ein Netzwerk von Kanälen bleibt zurück und durchzieht den Beton. Durch dieses kann der Wasserdampf entweichen, der Druck im Innern sinkt, das Betonteil bleibt ganz.
Zielkonflikt für Betonanwender: Feuerfestigkeit und Selbstverdichtung?
Anders verhält es sich bei selbstverdichtendem Hochleistungsbeton (SHB): Mehr als zwei Kilogramm PP-Fasern pro Kubikmeter SHB beeinträchtigt die Selbstverdichtung. Daher muss der Anteil an PP-Fasern in SHB entsprechend tief sein, was zur Folge hat, dass sich im Brandfall kein zusammenhängendes Kanalsystem ausbilden kann, um die Abplatzungen zu verhindern. Die Gretchenfrage lautet daher: Wie kann es gelingen, SHB trotz tiefem PP- Fasern-Anteil feuerbeständig und damit Bauwerke sicherer zu machen?
Forscher der Empa-Abteilungen «Beton/Bauchemie» und «Mechanical Systems Engineering» haben darauf nun eine Antwort gefunden. Sie stellten eine Serie dünnwandiger, mit Drähten aus kohlefaserverstärktem Kunststoff vorgespannter Betonplatten her. Jede enthielt zwei Kilogramm PP-Fasern pro Kubikmeter Beton. In einige Platten mischten die Forscher zudem eine geringe Menge superabsorbierende Polymere (SAP), Spezialkunststoffe, die ein Vielfaches ihres Eigengewichts an Wasser aufnehmen können. Dann setzten die Wissenschaftler die Betonplatten Feuer mit Temperaturen von bis zu 1000 °C aus. Nach 90 Minuten zeigte sich: Die mit SAP angereicherten Betonplatten hatten zwar einige Risse, zu Abplatzungen kam es aber nur bei den SAP-freien Betonplatten.
Die Erklärung: SAP saugen sich während der Betonproduktion mit Wasser voll und schwellen um ein Mehrfaches ihres Trockenvolumens an. Beim Aushärten des Betons wird den SAP das Wasser durch den Sog der kapillaren Poren im Zementstein wieder entzogen; die SAP schrumpfen, ein Hohlraum entsteht. Er verbindet die voneinander getrennten PP-Fasern. Ein Netz von SAP und PP- Fasern verästelt sich im Bauteil, sodass dieses der Hitze eines Feuers lange genug widersteht und das Bauwerk stabil bleibt.
Breitere Anwendungsmöglichkeiten für feuerbeständigen SHB
Mit ihrer Innovation erweitern die Empa-Forscher auch die Möglichkeiten, die ökonomischen und ökologischen Vorzüge von SHB zu nutzen. Das zum Patent angemeldete Verfahren erlaubt etwa den Einsatz von SHB ohne Zusatzkosten für den Brandschutz. Bis anhin konnte dieser nur gewährleistet werden, wenn beispielsweise eine Sprinkleranlage installiert oder ein externer Insolationsmantel hinzugebaut wurde.
Doch der neue SHB bringt noch einen weiteren Vorteil mit sich: Beim Verdichten von herkömmlichem Rüttelbeton erzeugt die Rüttelmaschine einen erheblichen Lärm. Bauunternehmer können die Lärmbelastung tief halten, indem sie anstelle von Rüttelbeton den nun gleichermassen feuerresistenten, mit SAP angereicherten selbstverdichtendem Hochleistungsbeton verwenden.
Medienkontakt:
Rainer Klose Kommunikation
Tel. +41 58 765 47 33 redaktion@empa.ch
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